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Hába, Hába, true Alois
* 1893-06-2121.6.1893 Wizowitz/Mähren (Vizovice/CZ), 1973 -11-1818.11.1973 Prag. Komponist, Musikorganisator und Musikpädagoge. Studierte an der Lehrerbildungsanstalt in Kremsier/Mähren (Kroměříž/CZ) und Komposition bei V. Novák (1914/1915) in Prag. Im Juni 1915 musste er einrücken und erlebte einige Monate an der Front in Italien und Galizien. Aus der Offiziersschule in St. Pölten als Fähnrich ausgemustert, arbeitete er für die Musikhistorische Zentrale des Kriegspressequartiers in Wien, wurde Privatschüler von R. Stöhr und Schüler von F. Schreker (1918–20 in Wien, dann bis 1923 in Berlin). Zu seinen Studienkollegen bzw. Freunden gehörten z. B. E. Krenek, W. Grosz, F. Petyrek und H. Eisler. Während seiner Wiener Jahre arbeitete H. als Korrektor im Verlag Universal Edition, durch den er auch ab 1919 vertreten wurde. Bereits in seinen Studienjahren begann H., von seinen Folklore- und historischen Studien ebenso wie von theoretischen Erwägungen der Neuzeit (besonders von F. Busoni) angeregt, mit seinen Experimenten auf dem Gebiet der Vierteltonmusik. Er betätigte sich von Beginn an in der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM). 1923 kehrte er in seine Heimat zurück, ließ sich in Prag nieder und gewann in der Folge großen Einfluss beim Aufbau eines modernen tschechischen Musiklebens (Spolek pro moderní hudbu [Verein für moderne Musik], Přítomnost [Die Gegenwart]). Besondere Bedeutung hatte H.s Anteil an der Organisation und Entwicklung der tschechoslowakischen Sektion der IGNM. 1927, 1928 und 1938 war er Mitglied von deren internationaler Jury und hatte großen Verdienst an der Veranstaltung des Internationalen Festivals in Prag 1935. In den 1920er Jahren lernte er die anthroposophische Lehre von Rudolf Steiner kennen und wurde Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft der ČSR und hatte Zeit seines Lebens Kontakt mit der Internationalen Anthroposophischen Gesellschaft in Dornach bei Basel, wo er mehrere Vorträge hielt und seine Kompositionen aufgeführt wurden. Von internationaler Bedeutung war auch die pädagogische Tätigkeit H.s. Ab 1924 lehrte er am Prager Konservatorium, jedoch bis 1934, als er zum Prof. für Mikrointervallkomposition (Mikrotöne) ernannt wurde, ausschließlich aufgrund von Jahresverträgen. Zu seinen Schülern gehörte eine große Anzahl von Repräsentanten der Moderne aus verschiedenen Nationen (die Tschechen Karel Ančerl, Robert Brock, Jaroslav Ježek, Miloslav Kabeláč, Miroslav Ponc, Karel Reiner, Klement Slavický; die Deutsch-Böhmen V. Ullmann, Sigmund Schul, Hans Walter Süsskind; aus Slowenien der spätere Musikwissenschaftler Dragotin Cvetko, Marjan Lipovšek, S. Osterc, Pavel Šivic; die Serben Ljubica Marić, Milan Ristić, Dragutin Čolić; die Bulgaren Vasil Božinov und Konstantin Iljev; die Türken Necil Kazim Akses und Halil Bedi Yënetken; der Litauer Jeronymas Kačinskas; der Ukrainer Nykola Kolessa u. a.). Nach dem Zweiten Weltkrieg war H. bis 1948 Direktor der Oper des 5. Mai (1888–1938 Neues deutsches Theater, heute Staatsoper Prag). Ende der 1940er Jahre versuchte er seine organisatorische und pädagogische Vorkriegstätigkeit fortzusetzen (im Syndikat der tschechischen Komponisten 1945–48, abermals am Prager Konservatorium), musste jedoch erkennen, dass die ästhetische und politische Orientierung eine andere Richtung nahm. In den 1930er Jahren ein überzeugter Bewunderer der Sowjetunion, zog er sich zu Beginn der 1950er Jahre politisch zurück, 1953 wurde er als ideologisch unzuverlässig pensioniert. Die letzten 20 Jahre lebte er als freier Künstler, er nahm auch an den Darmstädter Sommerkursen teil.

Als Komponist ging H. von der letzten Welle der Musiksprache des 19. Jh.s, wie sie ihm durch Novák und Schreker vermittelt worden war, aus. Seine außerordentliche Gehördisposition und Erfahrungen mit der Volksmusik in seinem Geburtsort führten ihn bald zur Überzeugung, dass die europäische Tonsprache bereichert werden könne. Die von seinen Vorgängern nur theoretisch zugelassenen Möglichkeiten hat er in die Musikpraxis übertragen. Während sein 1. Streichquartett op. 4 (vom Havemann-Quartett 1921 beim Festival in Donaueschingen aufgeführt) oder seine Ouvertüre für Orchester op. 5 (Absolventenarbeit an der Berliner MHsch., 1920), was die Form, Harmonik und Instrumentierung betrifft, noch großzügig entworfene Werke der postromantischen bzw. -impressionistischen Linie darstellen, ist sein 2. Streichquartett op. 7 (UA Havemann-Quartett 1921 in Berlin) im Vierteltonsystem ein kühnes Experiment eines neuen Musiksystems. Beim 1. Musikfest der IGNM 1923 in Salzburg spielte das Amar-Hindemith-Quartett das 3. Streichquartett op. 12 (ebenfalls im Vierteltonsystem). Die zustimmenden Reaktionen bewogen H. dazu, auch mit anderen Instrumenten zu experimentieren. So wurden nach seinen Entwürfen Vierteltonklaviere und -harmonien (bei August Förster), -Klarinetten, -Trompeten und -Gitarren gebaut. Neue Impulse gewann H. auch durch sein Interesse an der außereuropäischen Musik; er nahm z. B. am Kongress der arabischen Musik in Kairo 1931 teil. 1930 beendete er seine Vierteltonoper Matka (Die Mutter) nach eigenem Libretto (UA 17.5.1931 München, Dirigent Hermann Scherchen). In den 1930er Jahren schrieb er auch mehrere Kompositionen im Sechsteltonsystem (u. a. 1942 die Oper Přijď království Tvé [Dein Reich komme], die unaufgeführt blieb), noch eines seiner letzten Werke ist im Fünfteltonsystem geschrieben (16. Streichquartett op. 98, UA 7.10.1967, Internationales Festival der IGNM in Prag). H.s langjähriges Experimentieren mit Mikrointervallen und Athematismus hat zu Unrecht zur Meinung geführt, dass der Komponist nur auf diese Seite seines Komponierens (die immer einen besonderen Einsatz der Interpreten verlangen) besonderen Wert gelegt habe, sodass seine übrigen Kompositionen vernachlässigt wurden. Erst in den letzten Jahren gelang es allmählich, seine Werke im Konzertrepertoire neu durchzusetzen.


Ehrungen
Ehrenmitglied der IGNM 1957.
Werke
W (Auswahl): Klavier- bzw. Orgelkompositionen (Variationen nach einem Kanon von R. Schumann op. 1b, 1918; Sonate f. Klav. op. 3, 1919; Sechs Klavierstücke op. 6, 1920; Suiten und Phantasien f. ¼Tonklav. u. a., Phantasie bzw. Phantasie und Fuge f. Org. op. 75 a,b; Kammermusik (Fantasien f. V. Solo op. 9a u. f. V. u. Klav. [auch im ¼Ton System], f. Va., Vc., Fl., Vierteltonklar., Bassklar; 16 Streichquartette: Streichquartett Nr. 1 op. 4, 1919; Streichquartett Nr. 2 op. 7, ¼ Ton, 1920; Streichquartett Nr. 3 op. 12, ¼Ton, 1922; Streichquartett Nr. 4 op. 14, ¼Ton, 1922; Streichquartett Nr. 5 op. 14, 1/6Ton, 1923; Streichquartett Nr. 6 op. 70, ¼Ton, 1950; Streichquartett Nr. 7 op. 73 [Weihnachtsquartett]; bis Nr. 16 op. 98, 1/5Ton System, 1967; Vier Nonette op. 40, op. 41, op. 82, op. 97); Lieder- und Chorwerke (u. a. Fünf Liebeslieder aus Mähren op. 58); Bühnenwerke (Matka op. 35 [Die Mutter] nach eigenem Libretto, 1927–30, im ¼Ton System, UA München, 17.5.1931; Nová země op. 47 [Das neue Land], Libretto Ferdinand Pujman nach dem Roman von Fjodor Gladkow, 1934–36, unaufgeführt; Přijď království Tvé op. 50 [Dein Reich komme], Libretto A. H. und Ferdinand Pujman, 1937–42, im 1/6Ton System, unaufgeführt); Orchesterwerke (Ouverture op. 5, 1920; Symphonische Phantasie f. Klav. u. Orch., 1921; Cesta života [Der Weg des Lebens], symphonische Phantasie op. 46; Walachische Suite f. Orch. op. 77, Violinkonzert op. 83; Konzert f. Va. u. Orch. op. 86. [Nachlass im National Museum – Tschechisches Museum der Musik Prag, derzeit (2002) unzugänglich.]
Schriften
Von der Psychologie der musikalischen Gestaltung, Gesetzmäßigkeit der Tonbewegung und Grundlagen eines neuen Musikstils 1925; Neue Harmonielehre des diatonischen, chromatischen, Viertel-, Drittel-, Sechstel- und Zwölftel-Tonsystems 1927 (tschechisch 2000); Mein Weg zur Viertel- und Sechsteltonmusik 11971, 21986. – Aufsätze in verschiedenen Zss. seiner Heimat (s. Bibliographie in Miscellanea musicologica 36 [1999]) und im Ausland.
Literatur
MGG 5 (1956) u. 16 (1979); Riemann 1959 u. 1972; Československý hudební slovník osob a institucí [Tschechoslowak. Musiklex. der Personen und Institutionen] 1963; J. Vysloužil, A. H. Život a dílo [A. H. Leben und Werk] 1974 [m. WV u. Bibliographie]; J. Vysloužil (Hg.), A. H. Sborník k životu a dílu skladatele [A. H. Sammelbd. zu Leben und Werk des Komponisten] 1993 [m. WV]; H. P. Hesse/W. Thiess (Hg.), Gedanken zu A. H. 1996; NGroveD 10 (2001).

Autor*innen
Vlasta Reittererová
Letzte inhaltliche Änderung
25.4.2003
Empfohlene Zitierweise
Vlasta Reittererová, Art. „Hába, Alois“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 25.4.2003, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d00e
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.


DOI
10.1553/0x0001d00e
GND
Hába, Alois: 118699792
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