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Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft151. Jg. (Jahresband), Wien 2009
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Mitteilungen der Österreichischen Geographischen Gesellschaft Band 151/2009, pp. 33-52, 2012/03/29
151. Jg. (Jahresband), Wien 2009
Dieser Artikel stützt sich auf den tschechischen Nationalbericht über internationale Migration, der innerhalb des Forschungsprojekts IDEA ausgearbeitet wurde. Wie andere Forschungsergebnisse des IDEA-Projekts folgt er dem konzeptuellen Rahmen, der durch die IDEA-Forschung geschaffen wurde (siehe Arango 2007; Fassmann & Reeger 2008; Fassmann in diesem Band). Der Leitgedanke dieses Konzepts (des Konzepts eines Migrationsübergangs oder -zyklus) besteht darin, dass alle europäischen Länder im Zuge ihres Modernisierungsprozesses den Übergang von einem Auswanderungsland zu einem Einwanderungsland vollziehen. Dieser Übergang erfolgt in typischen Stufen. Die wichtigsten Antriebskräfte oder Faktoren (“main drivers”) können in der demographischen Entwicklung sowohl der Herkunftsländer als auch der Empfängerländer von Migranten, in der wirtschaftlichen Entwicklung beider Ländergruppen und schließlich in den Paradigmen der Migrations- und Regulationspolitik gesehen werden. Dieser Beitrag versucht nachzuweisen, dass Tschechien den Wechsel (“tipping point”) von überwiegender Auswanderung zu überwiegender Einwanderung schon überschritten hat und dass es sich auf dem Weg zu einem „reifen“ Einwanderungsland befindet. Es hat sich seit 1989 zunächst zu einem Transitland von Migranten und dann zu einem Einwanderungsland gewandelt, das heute immerhin den viertgrößten Wanderungsgewinn unter den EU-27-Ländern aufweist. Dieser Wandel im Migrationsregime lief parallel zu tiefgreifenden politischen, sozio-ökonomischen und demographischen Veränderungen. Sie bedeuteten die Umwandlung der Industrie- in eine postindustrielle Dienstleistungsgesellschaft – eine nachholende Entwicklung gegenüber der westlichen Welt. Migration war dabei sowohl eine Folge als auch der Auslöser. Als wichtigste Triebkraft der Migration erweist sich in Tschechien die wirtschaftliche Entwicklung: das Wachstum des BIP, geringe Arbeitslosigkeit, Nachfrage nach Arbeitskräften und auch ein bedeutender informeller Sektor haben das Land für Migranten attraktiv gemacht. In jüngerer Zeit stärkt noch der Alterungsprozess den Arbeitskräftemangel und damit den Bedarf an ausländischen Arbeitskräften. Historische Hintergründe und historische Wanderungsmuster sowie die sozialen Netzwerke der Migranten übten auch ihren Einfluss aus. Pushfaktoren waren die politische und wirtschaftliche Instabilität der weniger entwickelten Länder im östlicheren Europa. Demgegenüber wanderten in jüngerer Zeit nur wenige Tschechen aus, was mit dem relativ hohen Lebensstandard und wachsenden wirtschaftlichen Möglichkeiten im Inland zu erklären ist. Wir nehmen daher an, dass die Situation Tschechiens der Stufe des “Take-Offs” im Konzept des Migrations-Übergangs entspricht und damit durch die folgenden Merkmale charakterisiert ist: steigender Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften, ungenügendes heimisches Arbeitskräfteangebot, formal regulierte Nachfrage (Rekrutierungsvereinbarungen) ergänzt durch unregulierte Zuwanderung von illegalen Arbeitskräften. Dass Tschechien auf dem Weg zu einem „reifen“ Einwanderungsland ist, zeigen außerdem die qualitativen Merkmale der ethnischen Diversifizierung der Zuwanderer und ihrer ökonomischen Spezialisierung, die Institutionalisierung der Migrationsproblematik sowohl im Bereich der staatlichen Verwaltung als auch in der Zivilgesellschaft sowie die Tatsache, dass die Migrationsproblematik mehr und mehr zum Thema des öffentlichen Diskurses wird.
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Czechia – A new immigration country?
This article is based on the Czech national report on international migration that was prepared within the IDEA research project. Like other research springing from the IDEA project this article follows the conceptual framework created within the IDEA research activities (see Fassmann &Reeger 2008; Arango 2007; Fassmann within this volume). The main idea of the given concept (the so-called migration transition/ cycle concept) is that along with overall modernisation all European countries will country. During this transition, countries undergo typical migration stages. The main drivers are the demographic development of both sending and receiving countries, the economic development in this pair of countries and the paradigms of migration and control policies. This article intends to prove that Czechia has already passed the tipping point from prevailing emigration to a prevailing of immigration and is on the way to a “mature” immigration country. Since 1989 Czechia has been transformed first to a transit and subsequently to an immigration country with the fourth-largest positive net migration in the EU-27. This transition went hand in hand with profound political, socio-economic and demographic changes. They meant a shift from an industrial to a post-industrial service society with a long delay as compared to the Western World. Migration was both a consequence and an incentive in this process. As the most important migration driver, the economic development in Czechia can be identified: GDP growth, low unemployment, demand for labour force as well as the importance of an informal sector have lured immigrants into the country. Recently, labour shortages, caused by the ageing process, strengthen the demand side. Migration policy design and its implementation importantly contributed to immigration. Historical background and historical migration patterns and migrants’ social networks exerted an impact as well. Push factors were the political and economic instability in less developed countries east of Czechia. On the other hand, emigration from Czechia has been rather moderate in more recent times due to a relatively high standard of living and growing domestic economic opportunities. We assume that Czechia fits into the take-off stage of the transition concept characterised as follows: rising demand for additional labour, not enough internal domestic labour force supply, formally regulated demand (recruitment agreements) accompanied by unregulated immigration. Qualitative features such as ethnic diversification and economic specialisation of migrants, institutionalisation of migration issues in the public sphere as well as in the civil society or incorporation of migration topics into public discourse indicate that Czechia is on the track towards a “mature” immigration regime.